4. Grundbegriffe
des de Saussureschen Strukturalismus
Mit
dem Strukturalismus Ferdinand de Saussure beginnt die moderne
Sprachwissenschaft als Abkehr von der im 19. Jahrhundert herrschenden
historischen Sprachwissenschaft. Ihre Grundlage ist de Saussures Cours de linguistique générale posthum
erschienen 1916 nach Nachschriften von Vorlesungen, die der Genfer
Sprachwissenschaftler 1907 bis 1911 gehalten hatte.
4.1 Die
Dichotomie ›langue/parole‹
(Dichotomie
= Paar von einander inhaltlich entgegengesetzten Begriffen)
Die
Tatsache, dass das menschliche Sprechen einerseits individuell, andererseits
sozial bedingt ist, faβt de Saussure in das Begriffspaar langue/parole. Langue ist
der gemeinsame Code, den alle Angehörigen einer solchen Sprachgemeinschaft
kennen. De Saussure vergleicht die langue
mit einem Wörterbuch, von dem jeder Sprachteilhaber ein Exemplar zugeteilt
bekommen hat. Wenn er als Sprecher in Kommunikation mit einem Hörer tritt,
schlägt er in diesem Wörterbuch nach und entnimmt ihm diejenigen images acoustiques, die den concepts entsprechen. Der Hörer
seinerseits verfügt über das gleiche Wörterbuch, in dem er nach Aufnahme der
vom Sprecher geäuβerten Lautketten nachschlägt, um die zugehörigen
Vorstellungen daraus zu decodieren.
Für
den individuellen Akt, in welchem von dem gemeinsamen Zeichenvorrat Gebrauch
gemacht wird, also aus dem gemeinsamen Wörterbuch bestimmte Elemente ausgewählt
und geäuβert werden, führt de Saussure die Bezeichnung parole ein. Hier ist sogleich auf die Ambivalenz dieses Terminus
hinzuweisen:
Parole ist: 1. der Akt der Sprachverwendung,
des Äuβerns,
2. das Produkt dieses Aktes, die
Äuβerung
4.2 ›Langue‹
als System
Langue
als der Zeichenvorrat, der allen parole- Äuβerungen zugrunde liegt, ist nicht
eine ››zufällige Ansammlung einzelner Äuβerungen , sondern sie besteht aus dem
System von Elementen und Beziehungen, das diesen zugrunde liegt‹‹
System
wird difiniert als ››in sich geschlossenes, geornetes Ganzes, in dem alle Teile
eine Relation zueinander und zum Ganzen haben, zu einer Struktur (des Systems)
verknüpft sind und dabei bestimmte Funktionen innerhaben‹‹
Struktur
ist die ››Art und Weise der Verknüpfung von Elementen einer Menge., Gefünge der
Teile in einem System‹‹
Die
Struktur eines Sprachsystems ist zwar nur über die Analyse von parole-
Äuβerungen rekonstruierbar, aber sie ist nicht etwa nur die Summe sämtlicher
bischer hervorgebrachter parole- Äuβerungen , sondern – das ist wichtig – sie
umfaβt auch bischer noch nicht realisierte Möglichkeiten. Jeder neue parole-
Akt kann neue Verknüpfungmöglichkeiten, die bis dahin virtuell (als
Möglichkeiten des Systems) gespeichert warteten, aktualisieren.
De
Saussure veranschaulicht den Begriff des Systems durch seinen bekannten
Vergleich mit dem Schachspiel: Was beim Schachspiel ausschlaggebend ist, sind
die Regeln, d. H. Die Beziehungen zwischen den einzelnen Elementen, und die
Funktion jedes einzelnen Elements.
Das
Schachspiel entspricht der ›langues‹ Er stellt dem Spieler einen Satz von
Elementen und Regeln für deren Beziehungen untereinander zur Verfügung, an sie
ist er gebunden. Doch welche davon er wann und wie aktualisiert, ist sein
eigener ›Willensakt‹ - wie die parole als individuelle Verwendung der langue.
4.3 Synchronie
/Diachronie
Der
Synchronie: der jeweilige Spielstand beim Schachspiel läβt sich von einem
Zuschauer, der nachträglich dazukommt, für diesen Augenblick genauso
vollständig beschreiben wie von jemandem, der von Anfang an zugesehen hat.
4.4 Primat
der gesprochenen Sprache
Sprache
(langue) als Gegenstand der Linguistik kann sowohl die gesprochene (code vocal
oder code oral) wie die geschriebene (code ecrit) meinen. Jedes der beiden
System ist zunachst unabhangig vom anderen zu untersuchen, wobei die
Untersuchungen in vielen Punkten zu verschidenen Ergenbissen führen.
Der
beiden Systeme – code oral/code ecrit – ist der primäre Gegenstand der
Linguistik. Für de Saussure ist :
1. Die
gesproschene Sprache als das primäre
System Grundlage der sprachlichen Strukturberschreibung.
2. Auf der
Basis ihrer Beschreibung lassen sich dann auch die Ersatzsysteme, sind diese geschriebene Sprache als Sekundärsystem.
3. Moresealphabet
und andere Codes, die auf der geschriebenen Sprache basieren, als Tertiärsysteme.
Argumente für und gegen den Primat der
gesprochenen Sprache lassen sich anführen:
1. Sprechen
wird beim Spracherwerb vor dem Schreiben gelernt – ontogenetisch = in der
Entwicklung des einzelnen, wie auch phylogenetisch = die Entwicklung der ganzen
Spezies betreffend.
2. In der
mündlichen Kommunikation dem Sprecher mehr und vielfätigere. Ausdrucksmittel
als in der schriftlichen, näamlich auch paralinguistische und extraverbale, zur
Verfügung stehen.
3. Bei
mündlicher Kommunikation hat der Sprecher die Möglichkeit sofortiger
Rückkoppelung.
4. Die Mündliche
Kommunikation kann die Versprachlichung
des Situationellen ersparen.
Beispiele:
Wir wollen nicht die wahre Kunst, sondern die Ware Kunst die Lehre, die Leere
4.5 Weitere
Grundbegriffe des Strukturalismus
Der de
Saussureche Strukturalismus ist, außer durch die Dichotomien lague/parole und
synchronisch/diachronisch, zu kennzeichen durh weitere Dichotomien. Diese
Dichotomien sind :
1. Deskriptiv/präskriptiv
– die strukturalitische Sprachwissenschaft versteht sich als deskriptiv, nicht
präskriptiv.
2. Relevant/redundant
– in der langue findet sich nur das Relevante gespeichert.
3. Syntagmatisch/paradigmatisch
– jedes Elemente eines Sprachsystems steht zu anderen Elementen diese Systems
einerseits in einer paradigmatischen, andererseits in syntagmatischen Beziehungen.
4.6 Kurzer
Überblick über die Schulen des Strukturalismus
De
Saussures Lehre wird in verschiedenen Weise weitergeführt.
1.
Allen drei
Schulen des Strukturalismus ist gemeinsam die Absage an die vorhergegangene
Apoche der Sprachwissenschaft, die Junge grammatiker
2.
Beschäftigung
mit Lautgesetzen mit Einzelentwicklungen sprachlicher Laute und Formen, wird
automatisch abgelehnt, denn Grundaxiom ist für alle drei Schulen die
Systemhaftigkeit der Sprache, di die autonome Untersuchung einzelner
Systemelemente untersagt.
3.
Die Sprache
als ein System von Ausdruckmitteln , die geeignet sind für die Erreichung ein
Ziel.
4. Beschreibung
des System ist demnach der funktionale Gesichtpunkt wichtig , der dern Prager
Strukturalismus die Bezeichnung Funktionalismus, funktionale Lingusitik ein
getragen hat.
5. Ein
Sprachsystem kann nicht beschrieben werden ohne Beziehung auf die Funktionen
Sprache.
6. Sprache
wird begriffen als reine Form, die sich deduktiv beschreiben lässt als ein
System von Abhängigkeiten zwischen Begriffen, die allein durch ihre
wechselseitige Abhängigkeit charajterisiert sind.
7. Bloomfields
Srukturalismus ist geprägt von der behavioristichen Pschychologie, die nur
untersucht, was direkten, untersubjektiven Beobachtung zugänglich ist.
8. Umgebungen,
in denen eine bestimmte sprachliche Form angetrofen wurde, bezeichnet man als
ihre Distribution.
9. Distributionalismus
ist eine Distribution einer sprachlichen Form für deb Amerikanischen
Strukturalismus ein wesentliches Element
ihrer Beschreibung
10. Die Funtion
der Sprache in der Gesselschaft besteht aus für Bloomfield lediglich darin,
zwischen nichtsprachlichen Stimulus und nichtsprachlichen Responses zu
vermitteln.
5. Phonetik/
Phonologie
5.1 Phonetik
Die
Phonetik ist die Wissenschaft von der materiellen Seite der Sprachlaute,
während sich die
Phonologie mit der funktionellen Analyse der Sprachlaute
befaβt.
5.2 Phonologie,
Phonem, Variante (=Allophon)
Die
Phonologie beanwortet die Frage nach der Funktion der Sprachlaute, deren rein
physiologisch-naturwissenschaftliche Beschreibung ihr von der Phonetik zur Verfügung gestellt
wird.
Funktion eines Lautes kann nur verdeutlicht
werden als relationaler Begriff: Ein Laut für sich
genommen, z.B. der Vokal o, kann keine Funktion haben, sondern
nur innerhalb des Systems einer
historischen Sprache.
Ein Phonem ist eine Lautenheit, die
bedeutungsunterscheidende Funktion hat. Ein Phonem ist die
kleinste
bedeutungsunterscheidende Einheit innerhalb eines Sprachsystems.
Der
Unterschied zwischen [o] und [ͻ]
ist nur ein phonetischer und läβt sich hier, was die
verschiedenen
Öffnungsgrade bei der Artikulation betrifft, phonetisch beschreiben. Er hat
aber
keine phonologische Funktion.
Diesen
Austausch zweier Laute gegeneinander, den man vornimmt, um festzustellen, ob
sie zwei
Varianten eines Phonems oder Varianten von zwei verschiedenen Phonemen
sind, nennt man
Kommutation oder Kommutationsprobe (Kommutationtest).
Kombinatorische Varianten (= stellungsbedingte Varianten)
Es gibt
Phoneme, bei deren Realisierung nicht beliebig irgendeine ihrer Varianten
vorkommen
kann, sondern wo der lautliche Kontext bestimmt, welche Variante
gewählt wird.
Komplementärer Distribution : In den lautlichen Umgebungen, wo die
eine Variante des
betreffenden Phonems vorkommt, kommt die andere nie vor und
umgekehrt.
5.3 Exemplifizierung
sprachwissenschaftlicher Grundbegriffe an der Phonologie
Die
Norm (im Sinne Coserius)
Es gibt nicht einfach
einerseits überindividuelle, distinktive (jeweils in Opposition
zueinander stehende, bedeutungsunterscheidende) Elemente = langue, andererseits individuelle, nicht distinktive = paroleZur Norm gehören die kombinatorische varianten (in den Phonologie und in der Morphologie), aber auch viele andere sprachliche Erscheinungen.
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